Ratgeber zum Thema Rentenanspruch 2022
Einen Rentenanspruch erwerben alle gesetzlich Rentenversicherten und Inhaber einer privaten Rentenversicherung. Rentenansprüche entstehen als Alters-, Witwen-, Erziehungs-, Unfall- oder Erwerbsminderungs- beziehungsweise Berufsunfähigkeitsrente, wiederum für gesetzlich und privat Versicherte. Die Regelungen zum Rentenanspruch und dessen Höhe unterscheiden sich zwischen gesetzlich und privat Versicherten. Wer die Höhe seiner Rente signifikant beeinflussen möchte, kann das am besten mithilfe einer privaten Rentenversicherung, die bei nicht gesetzlich Pflichtversicherten - darunter die große Gruppe der Selbstständigen - die einzige Basis ihrer Vorsorge darstellt und von gesetzlich Rentenversicherten zusätzlich abgeschlossen werden kann.
Allgemeines zum Rentenanspruch
Alle versicherten Mitglieder erwerben durch die Rentenversicherung einen Rentenanspruch, der neben der Altersrente auch in Form der Unfall-, Erwerbsminderungs- oder Berufsunfähigkeitsrente schon weit vor dem Erreichen des Rentenalters umgesetzt werden kann. Gesetzlich Rentenversicherte sind alle sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer sowie eine Gruppe pflichtversicherter Selbstständiger (Künstler und Handwerker), daneben Soldaten, Personen in Kindererziehungszeiten und Empfänger von Kranken- und Arbeitslosengeld. Diese pflichtversicherten Rentenbezieher erwerben ihren Anspruch durch eigene Beitragszahlungen und/oder die ihres Arbeitgebers oder Sozialversicherungsträgers. Privat Rentenversicherte erwerben Ansprüche ausschließlich durch eigene Beiträge. Personen ohne Versicherungspflicht können freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, dabei entgehen diesen Personen aber Zeiten der Arbeitslosigkeit oder des Mutterschutzes, wenn sie nicht in diese Zeiten freiwillige weiter selbst einzahlen.
Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung dient als Zweig des Sozialversicherungssystems der Alters-, Witwen-, Erwerbsminderungs-, Rehabilitations- und Unfallsicherung von Beschäftigten, die generell pflichtversichert sind. Neben den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, Künstlern, Handwerkern und Soldaten können Personen freiwillig einzahlen (siehe oben). Das entscheidende Merkmal der gesetzlichen Rentenversicherung ist ihr Umlageverfahren, das aus ihrer historischen Entwicklung resultiert. Es gab solche Versicherungen schon bei Gilden und Zünften im Mittelalter, das moderne deutsche Rentenversicherungssystem beruht indes auf einem Reichsgesetz, das 1891 in Kraft trat. Zu jenem Zeitpunkt konnte die deutsche und mitteleuropäische Gesellschaft davon ausgehen, dass jede Generation mehr Kinder = Beitragszahler hervorbringt als ihre Vorgängergeneration und dass Löhne prinzipiell leicht ansteigen. Somit war das Umlageverfahren sehr sicher. Dieser Zustand erlebte seine ersten Brüche während der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts und ab dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts durch die Umkehrung der Alterspyramide, als allmählich die Zahl der Kinder unter die Grenze von zwei Kindern pro Frau sank (im 21. Jahrhundert in Deutschland: ~1,3 Kinder pro Frau), wodurch das Umlageverfahren bei gleichbleibenden Beiträgen und Rentenzahlungen prinzipiell nicht mehr funktionieren kann. Ein weiterer Bruch wäre zu erwarten, wenn die Zahl der Pflichtversicherten relativ zum Anteil aller Erwerbstätigen signifikant sinken würde. Aktuell sind in Deutschland und den meisten entwickelten Staaten der Welt etwa 90 Prozent aller Erwerbstätigen lohnabhängig beschäftigt und damit pflichtversichert. Das ist jedoch nicht selbstverständlich. In den meisten südamerikanischen und afrikanischen sowie in vielen asiatischen Staaten sind etwa die Hälfte aller Erwerbstätigen selbstständig, eine Entwicklung, die angesichts neuer Erwerbsmodelle auch auf Europa, Nordamerika, Australien und entwickelte asiatische Staaten zukommen könnte. Diese Diskussion wird aktuell noch nicht geführt, sie würde jedoch eine völlig neue Dimension bedeuten. Der Staat kann nur auf zweierlei Weise gegensteuern:
- Rentenbeiträge können steigen, Rentenansprüche sinken.
- Selbstständige können in die Versicherungspflicht gezwungen werden.
Beide Optionen und die dahinter stehenden Entwicklungen bergen einen erheblichen sozialen Sprengstoff, der jeden Menschen persönlich betrifft. Wer sich auf die gesetzliche Rentenversicherung verlässt und entweder ungenügend privat vorsorgt (als Pflichtversicherter) oder auch gar nicht vorsorgt (viele Selbstständige), wird im Alter zum Sozialfall zulasten der nachfolgenden Generationen, darunter der eigenen Kinder und Enkel. Diese Generationen werden darüber nicht erfreut sein und die Versorgung der älteren Generation sukzessive einschränken. Auch zwischen den Angehörigen dieser Generation wird es Konflikte geben, wenn ein nicht versicherter Selbstständiger von Sozialleistungen recht auskömmlich existieren kann und ein ehemaliger Beitragszahler trotz seiner Lebensleistung (den Rentenbeiträgen) nicht viel mehr an Rente erhält. Die Politik nimmt das Thema seit den 1980er Jahre verstärkt auf, hat aber aktuell noch keine schlüssigen Konzepte anzubieten. Die Zeit läuft jedoch indes gegen die Gesellschaft: Starke Brüche im System sind spätestens ab 2030 zu erwarten.
Finanzierung der aktuellen Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rente
Gegenwärtig bringen die Beitragszahler, also pflichtversicherte Berufstätige, mit ihren Beiträgen die Renten der aktuellen Rentnergeneration und aller EU-, Unfall- und Witwenrentner auf. Das ist der Funktionsmechanismus des Umlageverfahrens. Mit den Beiträgen erwerben die Beitragszahler Ansprüche auf ihre eigene Rente, was lebensalterabhängig Unbehagen verursacht. Auch wenn der aktuelle Beitragssatz bei 18,9 % liegt (Stand: 2014), so werden doch junge Berufstätige mit etwas Sachverstand kalkulieren, dass sie während ihres Berufslebens möglicherweise rund ein Viertel ihres Bruttoeinkommens in die Rentenkasse einzahlen werden und im Alter angesichts zu erwartender Kürzungen wahrscheinlich nicht annähernd davon profitieren können. Das ist ein Motiv, das sehr leistungsfähige jüngere Leute mit der Selbstständigkeit liebäugeln lässt, wo bislang noch (überwiegend) keine Versicherungspflicht gilt. Schon jetzt erhalten die Rentenkassen erhebliche Bundeszuschüsse aus Steuermitteln, doch das funktioniert nur in konjunkturell stabilen Zeiten. Sobald die Finanzierung nicht mehr sicher ist, muss die Politik umsteuern, es könnten gänzlich neue Modelle in Kraft treten. Das hat es in der Entwicklung der Rentenversicherung bereits mehrfach gegeben, etwa nach dem Ersten Weltkrieg, der nachfolgenden Hyperinflation und nach dem Zweiten Weltkrieg. Das deutsche Umlageverfahren in seiner heutigen Form stammt aus dem Jahr 1957, es musste damals neu geordnet werden. Das bedeutet aber auch, dass Rentenansprüche neu definiert werden könnten wie zuletzt in den frühen 2000er Jahren, was zu Kürzungen bei den Altersrenten und zu sehr erheblichen Einschränkungen bei den Erwerbsminderungsrenten geführt hat. Das ist wiederum ein Grund mehr, auf die private Vorsorge zu setzen, bei der jeder Rentensparer für sich persönlich vorsorgt.
Unterschiedliche Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rente
Die gesetzliche Rente sichert die Risiken des Alters, der Erwerbsminderung (auch wegen Unfallinvalidität) und des Todes (Witwen- und Waisenrente für Hinterbliebene) ab. Die medizinische und berufliche Rehabilitation ist integrativer Bestandteil der Rentenversicherung, denn sie schützt vor dem Risiko der Erwerbsminderung und hat zum Prinzip „Reha vor Rente“ geführt: Vor der Zahlung einer Erwerbsminderungsrente wird die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit versucht. Unterschiedliche Rentenansprüche ergeben sich daher prinzipiell als
- Altersrente,
- Erwerbsminderungsrente und
- Witwen- und Waisenrente.
Jeder dieser Rentenansprüche bedingt eine bestimmte Voraussetzung, nämlich das Erreichen des Rentenalters, die bestätigte Erwerbsminderung oder den Tod des versicherten Lebenspartners oder Elternteils. Eine abschlagsfreie Altersrente erhalten nur Personen beim Erreichen der Regelaltersgrenze. Mit früherem Rentenbeginn sind Abschläge hinzunehmen, wenn nicht 45 Jahre voll eingezahlt wurde oder eine Behinderung vorliegt. Ein späterer Rentenbeginn führt zu einer höheren Rente.
Höhe von Rentenansprüchen
Der Rentenanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung bemisst sich in seiner Höhe an der Zahlung der Beiträge, die sich wiederum aus den Beitragsjahren und dem Verdienst ergeben. Es werden Beiträge nur bis zu einer Beitragsbemessungsgrenze gezahlt. Im Jahr 2014 gelten folgende Beitragsbemessungsgrenzen pro Jahr, deren sukzessive Anhebung zu erwarten ist:
- allgemeine Rentenversicherung: Westdeutschland 71.400 Euro, Ostdeutschland 60.000 Euro
- knappschaftliche Rentenversicherung: Westdeutschland 87.600 Euro, Ostdeutschland 73.800 Euro
Diese Beitragsbemessungsgrenzen unterscheiden sich von der in der Kranken- und Pflegeversicherung (aktuell: 48.600 Euro für Gesamtdeutschland, nicht die Versicherungspflichtgrenze von 53.550 Euro), entsprechen aber denen für die Arbeitslosenversicherung. In der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung herrscht daher eine höhere Beitragsgerechtigkeit als in der Kranken- und Pflegeversicherung: Hier profitieren Besserverdienende schon ab einem viel niedrigeren Einkommen von ihren relativ zum Bruttogehalt sinkenden Beiträgen. Beiträge zur Rentenversicherung rechnet der Rentenversicherungsträger in Entgeltpunkte um. Kindererziehungszeiten gelten als Pflichtbeitragszeiten wie bei einem Durchschnittsverdiener, auch für sonstige beitragsfreie Zeiten während einer schulischen Ausbildung oder der Arbeitslosigkeit werden Entgeltpunkte per Vergleichsbewertung ermittelt. Aus den Entgeltpunkten ergibt sich gemäß der im § 64 SGB VI normierten Rentenformel der Rentenanspruch. Für diesen Rentenanspruch gibt es eine Standardformel für den sogenannten Eckrentner, einen fiktiven Beitragszahler, der 45 Jahre lang bei einem Durchschnittseinkommen eingezahlt hat und mit der Regelaltersgrenze erstmals Rente bezieht. Dessen Rente würde aktuell bei rund 1.270 Euro liegen (Westdeutschland), das ist allerdings nicht die deutsche Durchschnittsrente. Diese liegt niedriger bei aktuell rund 1.060 Euro für Westdeutschland und rund 1.010 Euro für Ostdeutschland für Männer und bei 525 Euro (West) und 710 Euro (Ost) für Frauen. Die monatliche Standardrente (= Eckrente) steigt zwar bislang noch an. Hierzu einige Eckdaten, bezogen auf die Jahre und die Eckrente West / Ost:
- 1992: 981 € / 611 €
- 2000: 1.118 € / 972 €
- 2006: 1.176 € / 1.034 €
- 2013: 1.266 € / 1.158 €
(Quelle: Statistisches Bundesamt)
Zur künftigen Rentenentwicklung gibt es unterschiedliche Prognosen, die im Prinzip auf der angedachten Rentenkürzung auf 43 % des Durchschnittsverdienstes bis 2030 basieren (aktuell 51 %). Die letzten handfesten Zahlen stammen aus dem Jahr 2012 und wurden vom Bundesarbeits- und Sozialministerium vorgelegt, damals noch unter Führung von Ursula von der Leyen (CDU).
Rentenprognosen bis 2030
"Schockzahlen" (so die BILD-Zeitung, aber auch das Handelsblatt) waren im Jahr 2012 im Rentenbericht aus dem Arbeitsministerium enthalten, sie wurden allerdings alsbald kritisiert und relativiert. Diese Kritiken sind ihrerseits mit Vorsicht zu genießen: Sie entsprechen einer gesellschaftlichen Verdrängungsreaktion. Kein Deutscher unter 50 Jahren will wahrhaben, dass er ein armer Rentner werden könnte. Die Fachleute des Arbeitsministeriums haben sehr wohl gründlich gerechnet, nur können sie natürlich nicht alle Entwicklungen der kommenden 15 bis 20 Jahre vorhersehen. Die Zahlen aus 2012 nehmen an, dass
- bei 35 Beitragsjahren und einen durchschnittlichen Bruttoverdienst von 2.500 Euro
- die Rente 688 Euro beträgt.
- Aktuell beträgt die Rente unter diesen Annahmen 816 Euro.
- Die aktuelle Grundsicherung beträgt rund 690 Euro.
- Rentner des Jahres 2030 könnten demnach bei üblicher Inflation schlechter leben als Hartz IV Empfänger des Jahres 2014.
Hat sich das Arbeitsministerium verrechnet?
Die vorgelegten Zahlen basierten auf der Annahme, dass die Löhne bis 2030 nicht steigen. Das ist tatsächlich ein Kardinalfehler, jedoch andererseits in einer handfesten Prognoserechnung zulässig: Niemand weiß, ob und wie sehr die Löhne steigen. Hierzu gibt es eine bemerkenswerte Statistik aus dem April 2014: Demnach sind die Reallöhne seit den frühen 1990er Jahren in Staaten wie Irland um 30 Prozent, in Frankreich um knapp zwanzig Prozent, in Deutschland jedoch nur um 2 % (in Worten: zwei Prozent) gestiegen. Zwar geben die Reallöhne den wirklichen Kaufkraftzuwachs wieder, der sich aus der Nettolohnentwicklung abzüglich der Inflation ergibt. Die Rentenformel funktioniert anders, sie setzt die jeweils aktuellen Renten in Relation zu den Löhnen. Jedoch ist die äußerst geringe Reallohnentwicklung in Deutschland - im europäischen Vergleich betrachtet - ein Indiz dafür, dass unser Land offenbar an der Grenze der Lohnentwicklung angelangt ist, und das trotz brummender Konjunktur und voller Staats- und Rentenkassen. Was aber, wenn die Konjunktur einbricht? Diese basiert aktuell ja gerade auf der Lohnbremse, auf die sich - durch die Politik seit den frühen 2000er Jahren initiiert - Arbeitgeber und Gewerkschaften (Letztere zähneknirschend) geeinigt haben. Kein Zweifel: Der Wirtschaftsmotor Deutschlands wird durch den Verzicht der Beschäftigten geschmiert, die das als Rentner deutlich spüren werden. Unter Umständen läuft ein Drittel der Rentner des Jahres 2030 zum Sozialamt, Tendenz: zunehmend. Nun werfen Kritiker an den vorgelegten Zahlen ein, dass Rentenkürzungen in so einem Umfang in Deutschland gesetzlich gar nicht möglich seien. Sind sie das wirklich nicht? Und werden sie das niemals sein? Wer macht die Gesetze bis 2030? Der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich aktuell Warner und Verdränger einigen können, ist ein mäßiges Ansteigen der Renten mit den Löhnen bei gleichzeitig sukzessiver - weil beschlossener - Kürzung auf die 43 % vom Durchschnittslohn bis 2030, was insgesamt dazu führen dürfte, dass es tatsächlich mehr Renten auf Sozialhilfeniveau gibt, dieses Niveau jedoch auch 2030 in etwa der Höhe der dann zu erwartenden (der Inflation angepassten) Grundsicherung erreicht. Mit einem kurzen Satz: Es gibt 2030 wesentlich mehr Rentner als heute, die trotz Beitragszahlung nicht mehr erhalten als ein Sozialhilfeempfänger. Damit ist der ganz vorn beschriebene soziale Sprengstoff innerhalb der Rentnergeneration selbst scharf geworden. Man stelle sich die erhitzten Diskussionen im Altersheim vor: "Hast du etwa in die Rentenkasse eingezahlt?"
Wie könnte das Gesamtversorgungsniveau 2030 aussehen?
Eine andere, etwas optimistischere Rechnung inkludiert die mögliche private Vorsorge zusätzlich zur gesetzlichen Rente. Dabei liegt der Fokus auf der Riester-Rente, die bei aller Kritik einiges für sich hat. Demnach könnten Rentner des Jahres 2030 und später, wenn sie sofort mit so einer Zusatzrente beginnen (Riester wäre wirklich zu empfehlen), im Jahr 2030 vor Steuern 51 Prozent Rente gemessen am dann geltenden Durchschnittslohn erhalten. Das läge auf heutigem Niveau und könnte dieses bei konsequentem Rentensparen auch deutlich übertreffen. Genau lässt sich das wirklich nicht ermitteln, weil die Lohnentwicklung bis 2030 nicht zu prognostizieren ist, es zeichnet sich aber ein Gesamtbild ab. Dieses sagt aus, dass das verstärkte Umsteuern hin zu privater Vorsorge seit den 2000er Jahren logisch und berechtigt ist. Heute, im Frühjahr 2014, deutet sich ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber an, dass eine alternde Gesellschaft mehr in die Rente und vielleicht etwas weniger in den aktuellen Konsum investieren muss.
Private Rentenversicherung
Die private Rentenversicherung garantiert per Versicherungsvertrag eine lebenslange oder auch begrenzte (abgekürzte) Leibrente. Der versicherte Erlebensfall unterscheidet sich damit prinzipiell von der Auszahlung einer Lebensversicherung im Ganzen mit dem Erreichen der Fälligkeit. Allerdings weichen aktuelle private Rentenversicherungen einschließlich der Riester-Rente dieses Modell immer wieder auf und gestatten die Gesamtauszahlung bei Fälligkeit ebenso wie das zwischenzeitliche Beleihen oder den Verkauf. Eine Ausnahme macht die vorrangig für Selbstständige konzipierte Rürup-Rente: Diese gibt es wirklich nur als Leibrente, also per monatlicher Rentenzahlung nach dem Erreichen des vertraglich vereinbarten Rentenbeginns (2014: 62 Jahre bei Vertragsabschluss ab 01.01.2012, sonst 60 Jahre). Es lohnt sich, das Modell der Rürup-Rente näher zu betrachten. In Kurzform: Die Rürup-Rente funktioniert genau wie eine gesetzliche Rentenversicherung, nur nicht umlagefinanziert. Der Rentensparer zahlt für sich selbst ein, wobei er das sehr flexibel und nach Gusto machen kann, erhält dafür sehr hohe Steuervorteile (Steuerabzug bis 20.000 Euro für einen Alleinstehenden, 40.000 Euro für Ehepaare) und erwirbt damit nicht veräußerbare, nicht beleihbare, aber auch insolvenzsichere Rentenansprüche auf eine Leibrente adäquat der gesetzlichen Rente. Der Ökonom Bert Rürup wollte mit diesem cleveren Modell die Selbstständigen vor sich selbst schützen, die mit Mitte 30 viel Geld verdienen, mit Mitte 40 auf eine Pleite zusteuern und daher rasch ihre Altersvorsorge auflösen und anschließend nie wieder in eine Rentenkasse einzahlen. Das Modell lohnt sich auch als Zusatzversicherung für alle lohnabhängig Beschäftigten, die ebenfalls damit Steuern sparen und ebenfalls vor sich selbst und drohender Altersarmut geschützt werden - siehe oben. Wer wirklich gut vorsorgen will, wählt als Arbeitnehmer zunächst die Riester-Rente wegen der unmittelbaren Förderungen und anschließend, wenn Geld übrig ist, eine Rürup-Rente. Unbenommen davon gibt es viele weitere Formen der privaten Altersvorsorge.
Arten privater Rentenversicherungen
Private Rentenversicherungen funktionieren grundsätzlich nicht nach dem Solidarprinzip, es zahlt vielmehr jeder Rentenzahler für sich selbst ein. So weit die Theorie. In der Praxis bilden natürlich auch private Rentenversicherer einen großen Pool, in den aktuelle Beiträge einfließen und aus dem aktuelle Renten bezahlt werden. Das ist zum Verständnis wichtig, weil ein privater Rentenversicherer in Konkurs gehen kann und damit alle oder viele eingezahlte Beiträge verloren gehen können. In Deutschland ist das noch nie passiert, in Großbritannien schon (in den frühen 1990er Jahren). Das ist eine Diskussion nicht nur am Rande: Es gibt eine stillschweigende Gruppe von jüngeren Erwerbstätigen, die in die private Rentenversicherung deshalb nicht einzahlen, weil sie solche Entwicklungen befürchten und deshalb ihr Geld lieber aufs Festgeldkonto oder - verzinst oder nicht - unter die Teppichkante legen. Dem stehen vertrauensbildende Maßnahmen der Versicherer gegenüber, die sich im besten Fall Rankings unterziehen und dabei auch ihre Solvabilität (die eigene Kapitalausstattung und damit Finanzsicherheit) bewerten lassen. Bei der Auswahl einer privaten Rentenversicherung sollten Interessenten ein Auge auf solche Rankings haben. Die privaten Rentenversicherungen können unterschieden werden nach
- dem Auszahlungsbeginn als Sofortrente (Einmalbetrag) oder Leibrente (monatliche Zahlung),
- dem Kapitalwahlrecht zwischen Sofort- oder Leibrente,
- dem Auszahlungszeitpunkt vorschüssig oder nachschüssig,
- der Rentengarantiezeit unabhängig vom Tod des Versicherungsnehmers (Rente geht bei vorzeitigem Versterben an die Angehörigen, kann aber auch vor dem Tod schon enden),
- einem inkludierten Hinterbliebenenschutz,
- zusätzlichen Absicherungen wie dem Erwerbsminderungs-, Dread-Disease- und Unfallschutz, sowie der
- Beitragsrückgewähr (oder nicht) bei Tod vor dem Erlebensfall.
Daneben gibt es Unterschiede in der finanztechnischen Konstruktion privater Rentenversicherungen. Diese Unterschiede sollten private Rentensparer kennen. Vom Grundsatz her - unabhängig von den sehr differenzierten Ausgestaltungsmöglichkeiten - gibt es folgende Modelle:
- klassische Rentenversicherung, bei der Einzahlungen festverzinslich angelegt werden
- Banksparpläne mit Umwandlung in die Rentenversicherung bei Rentenbeginn
- Fondssparpläne
- Pensionskassen und Pensionsfonds (innerhalb der bAV)
Fondssparpläne können riskant sein, allerdings gibt es hier Sicherungsmodelle, die etwa 80 % der eingezahlten Beiträge garantieren. Im Gegenzug locken viel höhere Renditen. Alle privaten Rentenversicherungen sind im Rahmen der Altersvorsorge steuerlich abzugsfähig, die Riester- und die Rürup-Rente unterliegen nur einer besonders hohen steuerlichen Förderung. Andere Formen können nur zu einem gewissen Anteil geltend gemacht werden. Daher ist die Entscheidung für die richtige private Rentenversicherung nicht einfach und hängt vom persönlichen Verdienst sowie der möglichen Performance eines bestimmten Modells ab. Der hohe Steuerabzug der Rürup-Rente erscheint beispielsweise sehr attraktiv, kommt aber nur zum Tragen, wenn der Rentensparer wirklich als Lediger 20.000 Euro, als verheirateter Unternehmer sage und schreibe 40.000 Euro pro Jahr in seine Rürup-Rente einzahlen kann. Wenn er das nicht kann, wäre unter Umständen ein hoch performanter Fondssparplan attraktiver.
Wer nutzt eine private Rentenversicherung?
Nicht pflichtversicherte Personen - die meisten von ihnen Selbstständige - brauchen eigentlich eine private Rentenversicherung, sind aber aktuell (anders als bei der Krankenversicherung) gesetzlich nicht zum Abschluss verpflichtet. Eine relativ große Gruppe solcher Personen lebt gänzlich ohne Altersvorsorge, steuert auf die Altersarmut zu und hofft zwischenzeitlich auf ein großes Geschäft, mit dem derjenige dann ausgesorgt hätte. Diese Hoffnung ähnelt der auf einen Lottogewinn und hat für die Gesellschaft prekäre Auswirkungen, die diese Sozialfälle im Alter versorgen muss. Die Politik möchte daher schon längst gegensteuern, wiederum Ursula von der Leyen schlug in ihrer Funktion als Arbeitsministerin schon 2011 eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige vor. Das hätte ab etwa 2013 bis 2014 in Kraft treten können und wahrscheinlich der Rürup-Rente einen großen Aufschwung verschafft, es wurde auch von den heutigen Koalitionspartnern Union und SPD gleichermaßen unterstützt, aber nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Die Hintergründe sind schwer auszumachen, zumal die FDP, um deren Klientel es sich handelt, keine Rolle mehr spielt. Vermutlich war hier verborgener Lobbyismus am Werk, die Selbstständigen wehren sich mit Händen und Füßen gegen so eine Versicherungspflicht. Das ist ein eigenartiges Phänomen, das es aber überall auf der Welt gibt - man denke nur an die mit härtesten Bandagen geführte Diskussion um eine gesetzliche Krankenversicherung in den USA. Umso wichtiger erscheint es, an die Eigenverantwortung der Betroffenen zu appellieren und diesen Appell natürlich auch an die gesetzlich Rentenversicherten zu richten, deren Altersvorsorge - siehe oben - bald nicht mehr genügen wird. Modelle gibt es genug, der Staat wirft mit Förderungen für jede Zielgruppe nur so um sich.
Auswahl der privaten Rentenversicherung
Die private Rentenversicherung, ob nun für Selbstständige oder Arbeitnehmer, ist nur ein Teilbereich der Altersvorsorge. Immobilienbesitz ist mindestens so gut, auch ein Festgeldkonto tut es zur Not. Jede Person muss für sich den richtigen Weg finden - nur rechtzeitig beginnen ist wichtig. Gerade angesichts der Wandlungen in der Arbeitswelt, hin zu mehr Selbstständigen und auch mehr Teilzeitarbeitern oder gar Geringverdienern in Vollzeit, wird das Thema immer drängender. Finanzexperten empfehlen schon länger einen Mix aus verschiedenen Anlagen, die Wohnimmobilie steht dabei im Ranking weit oben. Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist für Arbeitnehmer höchst interessant, ebenso der Riestersparplan. Hinzu können kommen:
- ein ungeförderter Banksparplan, der einen relativ hohen Grundzins plus variablen Zins mitbringt
- Fondssparen
- Rürup-Rente (auch für Arbeitnehmer)
- private Renten- und Lebensversicherungen
Bei der privaten Rentenversicherung sollte streng auf die bisherige Performance des Anbieters geschaut werden. Diese kann in einigen Fällen immer noch beeindrucken. Zwar liegt der staatlich vorgeschriebene Garantiezins inzwischen bei niedrigen 1,75 %, jedoch schaffen viele Versicherer mehr. Um 3,9 % Rendite sind aktuell immer noch zu erwarten, das liegt auf jedem Fall über dem gegenwärtigen Festgeldniveau.